Kurzbesuch – „Anhalter Park“

Sonntag, der 10.07.2011

Wer steigt schon am Anhalter Bahnhof aus, da ist doch nichts. Wenn dann fährt man eine Station weiter bis zum Potsdamer Platz und ist mitten drin in Jubel, Trubel, Heiterkeit. Aber man muss ja nicht immer all das machen, was andere tun. „Anhalter Bahnhof, Ausstieg rechts“. Und weiter geht es nach rechts, dorthin wo ich noch nie war. Die andere Seite mit dem Hauptportal des früheren Bahnhofs kenne ich, bin auch oft Nachts dort gewesen, da die vielen Scheinwerfer den Resten des alten Backsteinbaus eine ganz eigene Atmosphäre verleihen. Nein, heute geht es zum südlichen Ausgang. Direkt stehe ich vor dem Tempodrom und habe die Wahl zwischen Asphalt und Trampelpfad.

Ich schlage mich in die Büsche und habe sogleich wieder die Wahl. Einfach den Weg weiter gehen oder eine überwucherte, schiefe Treppe hinein ins Ungewisse erklimmen. Heute bin ich expterimentierfreudig. So wage ich also den Aufstieg, muss mich am Ende zwischen niedrigen Ästen ducken und Brennnesseln ausweichen und stehe mitten auf dem alten Bahndamm des früheren Anhalter Bahnhofs. Das eingangs erwähnte Bahnhofsportal deutet ja bereits darauf hin, dass es hier früher wirklich mal einen Bahnhof gegeben haben muss. Übrig geblieben ist davon kaum etwas. Das Dach der riesigen Bahnhofshalle wurde im Krieg zerstört, der Bahnhof brannte aus. Da der Bahnhof jedoch damals eine enorme Bedeutung hatte, wurde er weiter genutzt. Es wurde lediglich der gröbste Schutt beseitigt. So fuhr man seinerzeit von ummauerten Bahnsteigen ohne Dach ab, ein Bahnhof mit „Open-Air-Flair“.

So sollte es jedoch nicht bleiben. Ende der 50er Jahre wurde, was vom Gebäude noch übrig war, gesprengt. Es blieb ein großes Areal übrig, welches von Gleisen befreit durch die Natur zurückerobert wurde. Das gesamte Gleisfeld südlich des einstigen Bahnhofs und nördlich des Landwehrkanals ist heute ein Park. Einige Reste des Bahnhofs sind erhalten geblieben – vorallem ganz viel Gleisschotter.

Es gibt hier viele Bänke im Schutz der Bäume, die nächste Straße, der ganz normale Trubel, scheint endlos weit entfernt. Die Ernüchterung folgt ein paar Ecken weiter. Wobei, wenn ich hier oben stehe und etwa auf gleicher Höhe die U-Bahn über den Kanal fahren sehe, in einiger Entfernung, reicht die Hektik der Stadt nicht an mich heran. Die Straße liegt irgendwo da unten und ich bin hier oben.

Kurz möchte ich noch das Deutsche Technikmuseum auf der anderen Seite erwähnen. Ein wirklich spannender und interessanter Ort. Errichtet auf einem Teil der restlichen Gleisanlage des Anhalter Bahnhofs. Zwei der früheren Lokschuppen stehen noch und werden vom Museum genutzt. Geschätzt stehen dort mehr als 30 Lokomotiven aus allen Epochen. Aber zu sehen gibt es auch allerhand Schiffe, Flugzeuge und Maschinen aus praktisch allen Industriezweigen des 19. und 20. Jahrhunderts. Inklusive des Z1 von Zuse – leider nur als Nachbau, da das Original im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Eine Sonderausstellung zum Thema Automobil ist ebenfalls zu sehen.

Hierzu möchte ich auf einen anderen Blog verweisen: Kaltreserve

Treptower Park – oder was Großstädter für Wildnis halten?

Mittwoch, der 29.06.2011

Es ist heiß in der Stadt an diesem Mittwoch, selbst noch am Abend. Wo will man also hin? Die Innenstadt erkunden, oder doch lieber in einen Randbezirk? Betonwüste und nasse Achselhöhlen oder schattiges Plätzchen unter Bäumen? Die Antwort liegt auf der Hand, es geht in den Park!

In sieben Jahren Berlin muss ich zu meiner Schande gestehen, war ich erst zweimal im Treptower Park. Und nie bin ich weiter gekommen als bis zur ersten großen Wiese. Es gibt hier ein Denkmal? Aha, interessiert mich doch nicht. Noch eine Statue, wen juckt’s. So dachte ich, aber davon später mehr. Die erste unerwartete Begegnung gab es nach einem „Linksruck“ am Hinterausgang des S-Bahnhofs Treptower Park, der Hafen. Hier liegen etliche Schiffe vor Anker und warten auf Besucherströme, die zumindest an diesem Abend nicht mehr kommen sollten. Hier haben wir auch das erste und gottlob einzige verstörende Erlebnis dieser Tour. Wir stolpern sozusagen mitten hinein in einen Drogenumschlagplatz.

Hingegen sehr sympathisch sind uns die … ja, man muss wohl sagen schwimmenden Kommunen dort am Ende des touristisch genutzten Hafens. Mehrere Boote, fest vertäut und durch diverse Anbauten miteinander verbunden. Blumenkübel und -kästen auf der Terasse, Liegestühle, Sonnenschirme auf dem Dach. Ganz klar, hier wohnt jemand – und das ganz gewiss nicht schlecht.

Weiter geht es über die breite Einbahn-Bundesstraße zur anderen Hälfte des Parks. Und dann kommt das Sowjetische Ehrenmal. Nichts mit kleiner Statue und einer Tafel. Ein riesiges Areal breitet sich vor uns aus. Die mehrere Meter hohe Statue der trauernden Mutter zu Beginn, und nach einem Blick nach links ein weiter Blick an dessen Ende ein russischer Soldat emporragt.

Wir blicken uns ehrfürchtig um, sinnieren über die Ähnlichkeit der Schrägen links und rechts mit einer gewissen Armhaltung vornehmlich am Kopf spärlich behaarter Männer, und verlassen den Ort in Richtung Archenhold-Sternwarte und weiter über Burger-King (wir sind eben irgendwie doch noch mitten in der Stadt) zur Insel der Freude – oder war es der Jugend? Darauf wird fleißig gegrillt und die Sonne auf ihren letzten Metern gen Horizont träumend begleitet. Wir halten kurz inne und nehmen uns vor, bei dem gegenüberliegenden Bootsverleih auch einmal eine Nussschale zu mieten. Zumindest eine Inselumrundung müsste doch drin sein.

Wenn man den Weg den wir nehmen insgesamt betrachtet, fällt etwas auf. Zunächst war noch alles recht geordnet, so wie man es beim Begriff Park eben erwartet. Doch Schritt für Schritt wird die Umgebung wilder; ja, ich möchte sagen, natürlicher. Abgebrochene Äste liegen links und rechts des Weges, es gibt Büsche und nach und nach hat man das Gefühl, in einem echten Wald zu stehen, den es schon länger gibt als das hiesige Gartenbauamt. Und noch eine ganze Ecke später wuchern Bäume und Gräser über den Weg. An mehr als einer Stelle ist man versucht den Kopf einzuziehen, um nicht von Zweigen und Blättern eine gewischt zu bekommen. Hinter einem Feld aus Springkraut stehen wir vor verschlossener Tür: Der Spreepark. Dinosaurier, eine kleine Park-Eisenbahn, heruntergekommene Karusells und eine riesige Zeltkonstruktion, von der wir nicht erraten, wem oder was sie gedient haben mag. Uns ergreift die Wehmut, besonders meine charmante Begleiterin. Sie erinnert sich an ihre Kindheit und die Besuche in diesem Vergnügungspark. Erzählt mir von fliegenden Teppichen und leuchtenden Augen. Viel scheint davon nicht übrig zu sein. Alles ausgestorben hier. Und doch entsteht die eigenwillige Stimmung des Ortes eben genau dadurch, dass viele der Fahrgeschäfte noch an Ort und Stelle scheinen. So als wäre am letzten Tag wie üblich abgeschlossen worden, nur um den Spreepark sogleich für immer zu vergessen.

Auf den Spuren der Kreativen…

Donnerstag, der 23.06.2011

Als Ausgangspunkt diente uns der S-Bhf Friedenau, unscheinbar stellten wir fest, liegt er zwischen Schöneberg und Feuerbachstraße. Ein Blick auf das nette kleine Cafè am S Bahnhof, vorbei an einem Kinderabenteuerspielplatz ging es zu den Ceciliengärten.

 

Diese kleine Grünanlage liegt eingebettet zwischen schönen Altbauten und die Gebäude sollten auch das weitere Thema sein, vorbei am Rathaus Friedenau zur Niedstrasse. In der Nr.5 wohnte Erich Kästner, weiter ging es vorbei an Nr. 13. einer kleinen Villa, in der Günter Grass wohnte und Gäste wie Willy Brandt
empfing, wir verließen die Niedstraße mit Jugendstilbauten und bogen in die Sarrazinstrasse, in Nr. 8 lebte einst der Schriftsteller Max Frisch.

Den Abschluss und mein persönliches Highlight war der Besuch auf dem Friedhof Schöneberg, zu Besuch bei Marlene Dietrich. Zugegeben die Dämmerung verlieh dem ganzen noch eine besondere Atmosphäre, sowie die vielen imposanten Marmordenkmäler vergangener Personen. Wir erhaschten noch einen
Blick auf ein Mausoleum, was ich so bisher noch nie gesehen hatte.

 

Auf dem Rückweg stießen wir noch auf das „kleine Theater“ und einer dazugehörigen urigen Bar.

Und für alle, die auch gerne einmal auf Spurensuche gehen möchten…

Wir lieben diese Stadt!

Es wird Sommer in der Stadt. Dieser besondere Duft des ersten richtig warmen Tages liegt in der Luft und regt dazu an, den Abend nicht zu Hause verbringen zu wollen. Nicht drinnen, sondern draußen. Es scheint, als atme die Stadt gemeinsam mit Ihren Einwohnern ein ums andere Mal nach einem langen Winter auf.

Doch was anfangen mit der neuen Freiheit? Nach mehreren Jahren in Berlin hat man gewisse Lieblingsecken entdeckt, die immer wieder besucht werden. Und man kennt deren Gegenstücke, also Orte, zu denen man – warum auch immer – unter keinen Umständen möchte. Meist gibt es dafür keinen genauen Grund, lediglich ein diffuses Gefühl von Abneigung. Für uns beide, die wir hier unsere Erlebnisse von Spaziergängen durch die Stadt niederschreiben möchten, stand fest: So kann es nicht weitergehen. Dieser Sommer sollte anders werden, durch Trägheit geschaffene fixe Treffpunkte und Standardabläufe galt es aufzubrechen. Wir kauften uns – ganz Touri-like – einen Reiseführer. Spaziergänge durch Berlin, Bezirk für Bezirk, Stadtteil für Stadtteil.

So begannen wir mit unserem „Projekt“.